Für Anleger sieht es ziemlich trostlos aus. Bei kurzfristigen Spareinlagen drohen Strafzinsen und auch Bargeldhaltung wird einem mies gemacht. Solide Staatsanleihen rentieren oft negativ und Unternehmensanleihen werden so gering verzinst, dass sich nicht nur professionelle Marktteilnehmer fragen, ob die Risikoprämie noch dem wirtschaftlichen Ausfallrisiko entspricht. Mit Dividenden als Zinsersatz lässt sich zwar Marketing betreiben, aber ein Blick in die Vergangenheit macht schnell deutlich, dass für Anleger Enttäuschungen und für Berater Haftungsfälle vorprogrammiert sind. Der gefühlt nicht schwankende und attraktivste Sachwert scheint für viele Menschen mit Kapital, oder zumindest der Fähigkeit, sich verschulden zu können, die vermietete Immobilie zu sein. Aber auch hier gibt es einen Zusammenhang zwischen den Einstandskosten für den Vermögenswert (die Immobilie) und den zu erwarteten Erträgen (Miete abzgl. echter und kalkulatorischer Kosten). Nicht nur in den beliebten Regionen macht das Zinshaus seinem Namen alle Ehre: Die erwarteten Erträge haben sich dem allgemeinen Zinsniveau angepasst und sind stark gefallen.

Wahrscheinlich haben wir also eine niedrigere Ertragserwartung für viele Vermögensklassen. Das Thema Bewertungen orientiert sich letztendlich immer am zukünftigen Realzins. Da dieser von niemandem zuverlässig zu prognostizieren ist, besteht eine große Unsicherheit. Sowohl relative Vergleiche zwischen unterschiedlichen Vermögensklassen, als auch die Bezugnahme aktueller Vermögenspreise zu ihren historischen Durchschnitten können diese Unsicherheit nicht vollständig aufheben. Was nützt es in der relativ günstigste Vermögensklasse investiert zu sein, wenn diese bei steigenden Realzinsen trotzdem fällt?

Gleichzeitig kann ein gleichgerichtetes Verhalten vieler Investoren beobachtet werden. Während sich  institutionelle Investoren an ihren abgegebenen Verpflichtungen und Bilanzstichtagen orientieren, gibt es bei privaten Anlegern häufig keine professionell hergeleitete Anlagestrategie. Die Kombination aus institutionellem sachlichen Denken und einer Abstinenz von Bilanz- und Karriererisiken erscheint mir als beste Antwort auf die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen.   

Die Übersicht zeigt meine Einschätzung der aktuellen Situation.

Der letzte Punkt zeigt aber, warum sich Anleger gerade wegen dieser trostlosen Rahmenbedingungen jetzt mit ihren Geldanlagen auseinandersetzen sollten. Wer nicht aktiv wird, der ist nicht nur mit geringeren Renditeerwartungen, sondern auch mit einem geringeren Maß an Risikostreuung (Diversifikation) konfrontiert. In einem Umfeld verschiedenster neuer und alter Risikoquellen kann sich das ein Anleger gerade heute nicht leisten.

Echte Risikostreuung ist eine Herausforderung

Sachlich gesehen war und ist wirkungsvolle Risikostreuung immer eine Herausforderung. Häufig hat die Verteilung des Kapitals auf unterschiedliche Vermögensklassen und Investitionsstrategien genau dann versagt, wenn es der Anleger am dringendsten gebraucht hätte. Neben Korrelationen, Trendbrüchen, Expected Value at Risk usw. können Experten auf viele Sachverhalte schauen. Vereinfacht gesprochen beschäftigt man sich sehr viel mit dem „wie“. In der Praxis (also beim Anleger) scheitert eine sachlich besser gestreute Vermögensstruktur bzw. Anlagestrategie häufig schon an dem Problem, dass das „warum“ für den Anleger nicht nachvollziehbar ist. Zudem führt eine steigende Anzahl von Vermögensklassen und Anlageinstrumenten zu mehr Komplexität. Bei vielen Anlegern führt das zu einem gefühlten Kontrollverlust.

Dementsprechend gibt es einen offensichtlichen Konflikt zwischen der Erhöhung der Risikostreuung und dem Kontrollbedürfnis des Anlegers. Eine gute Beratung zeichnet sich dadurch aus, dass dieser Konflikt identifiziert und dem jeweiligen Anleger nachvollziehbar kommuniziert wird.

Zudem sollte deutlich werden, dass jeder Mensch auch ein Anleger ist. Schließlich ist das Guthaben auf dem eigenen Konto bei der Bank auch nur die mittelbare Investition in Anleihen und die Vergabe von Krediten an die öffentliche Hand und private Unternehmen. Diese wirtschaftliche Betrachtungsweise kann für jeden Vermögenswert, also auch kapitalbildende Versicherungen, Versorgungswerke usw. vorgenommen werden.

Anhand von Wertpapieren kann jeder Anleger den Grad der Risikostreuung in seiner Vermögensstruktur erhöhen. Trotz aller Eskapaden und Probleme sollte der globale Kapitalmarkt daher als das gesehen werden was er ist: Eine Möglichkeit sein Vermögen global und diversifiziert zu verteilen.

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